Art Car-Künstler Dominik Lipp aus Rupperswil AG bemalte einen Porsche Boxster 986 – und reiht sich in die Tradition der Art Car-Künstler ein.
Mit 40 fährst du Porsche, sagte sich Künstler Dominik Lipp (41) schon in der Kunstgewerbeschule. «Seien wir doch ehrlich: Ein Porsche ist etwas Geiles.» Jetzt ist sein Jugendtraum in Erfüllung gegangen. Mit seinem Ersparten kaufte er sich einen gebrauchten Porsche Boxster 986. 2,7-Liter-Motor, 220 PS, schwarze Ledersitze und schwarze Originalfelgen von BBS. «Dann fuhr ich erst mal durch Italien – Rom, Genua, Florenz.»
Der Porsche Boxster 986 ist schwarz. Bis Lipp auf die Idee kommt, seinen Traumwagen anzumalen. «Zugegeben, das ist ausgeflippt. Aber es fahren ja genug blaue, schwarze, silberne und weisse Autos herum.» Es fehle vielen an Mut, mit einem farbenfrohen Wagen durch die Gegend zu kurven, vermutet der Künstler. «Kreativität wird bei uns oft im Keim erstickt. Und viele Schweizer denken natürlich an den Wiederverkaufswert.» Nicht so Lipp. «Ich bin Künstler. Und ich wollte ein Unikat schaffen.» Vielleicht sogar ein wertvolles Unikat wie der berühmte, farbenfrohe «Psychodelic Porsche» von US-Rocklegende Janis Joplin, der kürzlich in New York zum Rekordpreis von 1,8 Millionen Dollar versteigert worden ist.
Kunst und Autos – passt das zusammen? «Und ob!» meint Lipp entschieden. «Ich bin ein leidenschaftlicher Künstler. Und als solcher liebe ich Autos.» Der Schweizer Star-Künstler Jean Tinguely etwa war bekennender Fan der Marke Ferrari. In der Kunstwelt ein Begriff sind die BMW Art Cars – Roy Lichtenstein, Andy Warhol, Alexander Calder oder Jeff Koons gestalteten seit den frühen 70er-Jahren diverse Modelle der deutschen Automarke auf künstlerische Weise. Diese BMW`s stehen im Pariser Louvre genauso wie im New Yorker Guggenheim Museum. Der Aargauer Art Car-Künstler Dominik Lipp ist also in guter Gesellschaft.
Zunächst hat Lipp mehrere Maisto-Automodelle im Massstab 1:18 künstlerisch bearbeitet. «Was im Modell funktioniert, muss auch am Original gelingen.» Der ursprünglich schwarze Boxster wurde hinten blau und vorne rot grundiert, auf den Seiten gelb und grün. Dann kamen Linien in verschiedenen Farbtönen hinzu. «Der Porsche war meine Leinwand. Es war eine Herausforderung, meinen Stil da drauf zu bringen.» Exakte Arbeit und eine ruhige Hand mit dem Pinsel waren beim fahrbaren Kunstwerk gefragt. Mehr als zwei Wochen lang war Lipp an der Arbeit. Nach der Bemalung wurde der Boxster fachmännisch lackiert. «Mein Boxster ist kein Hippie-Bus», stellt Dominik Lipp klar. «Das ist keine Schmiererei mit ein paar Woodstock-Blüemli.» Mit seinem farbenfrohen Boxster fällt Lipp auf, wenn er beim Beck Gipfeli holt. «Ich erhalte viele spontane Komplimente. Das freut mich natürlich sehr.»
Lipps Spezialität sind seine «Floated Scarred Tissues», meist grossformatige Bilder, auf denen er Ölfarbe von verschiedenen Seiten zu gewebeartigen Mustern zusammenfliessen lässt. Zu seinen Arbeiten gehören auch Neu-Interpretationen alter Meister – Bilder von Goya, Manet oder Michelangelo komponiert Lipp mit neuen Farben und Ideen zu neuen Werken um. Immer wieder für Aufsehen sorgt der Künstler aus Rupperswil mit seinen Performances, etwa wenn er in der Altstadt von Istanbul Computer-Endlospapier auf einen Mühlstein aufrollt oder in Luzern beim KKL mit einem Kessel Wasser aus dem Vierwaldstättersee schöpft.
Dominik Lipp ist im luzernischen Kriens aufgewachsen und hat zwei Lehren absolviert. Eine als Hochbauzeichner und eine als Maurer. An der «Kunsti» (Kunstgewerbeschule) in Luzern absolvierte er den Studiengang «Bildende Kunst». Künstlersein ist für Lipp Berufung: «Ich will zeichnen, gestalten, machen – ich habe das kreative Element in mir.» Zum Künstlerberuf hat er eine durchaus bodenständige Einstellung: «Damit ich Kunst machen kann, muss ich arbeiten. Auf der Baustelle verdiene ich Geld für Farben und Leinwände.» Drei bis vier Tage in der Woche ist Lipp als selbständiger Kundenmaurer unterwegs. «In der restlichen Zeit bin ich Künstler.»
«Ein Auto zu bemalen, war etwas ganz Besonderes. Ich würde es sofort wieder tun», meint Lipp. Beim Porsche-Zentrum Oftringen war man so begeistert, dass der Art Car gleich einen Ehrenplatz in der Weihnachts-Ausstellung bekam. «Inmitten der 911er, Cayenne und Caymans fühlte sich mein Boxster natürlich richtig wohl.»
Dominik Lipp ist begeistert von seinem fahrbarem Werk: «Der Porsche ist ein Bubentraum. Einer, der jetzt für mich wahr geworden ist.» Der «Cartist» ist auf den Geschmack gekommen. Kommt morgen einer mit einem Ferrari, male ich auch den an», lacht er. Lipp ist aber auch offen für andere Autos – von Alfa Romeo bis Zagato. Der Art Car «made im Aargau» ist verkäuflich. «Dieser Porsche ist ein absolutes Unikat für den Auto- oder Kunstsammler.»
ERIK SCHWICKARDI